Mehr Stress durch moderne Kommunikation? Wirklich? Ihre Meinung?

Im Durchschnitt 18 E-Mails erhalten Berufstätige pro Arbeitstag. 10 % der Berufstätigen erhalten mehr als 40 E-Mails am Tag. Nur noch rund 17 % verfügen über keinen eigenen beruflichen E-Mail-Account. Zu diesem Ergebnis kommt der Branchenverband Bitkom.

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Mehr Statistiken finden Sie bei Statista. Herzlichen Dank an Statistia, dass ich diese Statistik im Rahmen der Creative Commons-Lizenz nutzen darf. :-)

Soweit die Fakten. Die Frage, die sich nun stellt: Ist die Zunahme an beruflichen E-Mails tatsächlich eine „Belastung“? – mehr Belastung als früher, als es noch keine E-Mails gab? Erzeugt diese zunehmende Belastung zwangsläufig Stress?

Viele werden diese Frage vielleicht gar nicht beantworten können, weil sie in ihrem Berufsleben von Anfang an mit E-Mails vertraut waren und eine „Vor-E-Mail-Zeit“ gar nicht kennen – oder sich auch gar nicht vorstellen können.

Doch auch in der Zeit, bevor es E-Mails gab, wurde ja kommuniziert. Nur halt irgendwie ganz anders.

Lassen Sie mich einmal zurückblättern:

Mein Berufsleben begann im Jahr 1979 mit einer Bankausbildung. Also lange vor dem „E-Mail-Zeitalter“, gerade zu Beginn der „Telefax-Aera“.

Wenn ich an diese „Vor-E-Mail-Zeit“ zurückdenke – als ich noch in einem größeren Dienstleistungsunternehmen an einem Schreibtisch saß – da klingelte über den Tag verteilt sicherlich 15 – 20 Mal das Telefon. Heute sind es vielleicht drei oder vier Anrufe pro Tag, die bei ich erhalte. Die schnelle Frage nach einer Information oder die Abstimmung eines Termines wurde vom Telefon auf die E-Mail verlagert.

Hinzu kamen am Tag sicherlich 4 – 5 interne Aktennotizen.

Eine Aktennotizen (oder Hausmitteilung) ist sozusagen der konservative Vorläufer der E-Mail. Eine interne Mitteilung, die meist an ein oder mehrere Empfänger adressiert war und meist ein oder mehrere Empfänger in „Zur Information“ (cc) gesetzt waren. Ordnungsgemäß geschrieben und unterschrieben, wanderte diese Notiz dann über die Hauspost an ihre zahlreichen Empfänger. Geantwortet wurde dann in der Regel ebenfalls per Aktennotiz und die gleichen Empfängergruppe. In der Kommunikation mit der Außenwelt hieß die verbindliche Kommunikation dann in der Regel „Brief“. War dieser Brief intern für mehrere Personen oder Abteilung relevant, so erhielt diese natürlich eine Kopie dieses Briefes über die Hauspost.

Dieser Brief wurde dann mit der Post verschickt. Die Antwort erhielt man -meist- ebenfalls per Post. Wenn es schnell gehen musste, gab es in größeren Firmen meist ein Faxgerät. Später hielt das Fax dann auch in kleinere Betriebe Einzug.

Aber wo ist nun der Unterschied zur E-Mail – abgesehen davon, dass mit der E-Mail alles viel schneller und einfacher geht?

Sicherlich ist man heutzutage eher geneigt, eine E-Mail zu schreiben als früher eine Hausmitteilung oder einen Brief. Man griff dann halt eher zum Telefon. Weil’s einfacher war und schneller ging. Doch kann man dadurch wirklich von einer höheren Belastung sprechen? Oder hat sich nur die Art und Weise der Belastung verändert?

Die Erwartungshaltung an den Empfänger ist hoch!

Zugegeben: Die Erwartungshaltung, auf eine E-Mail sehr schnell eine Antwort zu erhalten, ist seitens des Absenders oft hoch. So passiert es schon gelegentlich, dass ich einen Anruf erhalte, mit der Frage, ob ich denn die E-Mail nicht gelesen habe und warum ich nicht antworte. Wenn ich dann in mein E-Mail-Postfach schaue, dann ist diese Mail gerade mal 20 Minuten alt. Doch liegt es nicht an meiner eigenen Arbeitsorganisation, ob ich jede eingehende E-Mail sofort beantworte oder mir am Tag zwei oder drei Zeitslots dafür reserviere?

Anders ist es natürlich, wenn ich durch meine eigenen Aktionen die Erwartungshaltung auf eine schnelle Antwort sehr hoch ansetze. Mein eigenes Kontaktformular enthält den Hinweis, dass ich mich auf Anfragen in der Regel am gleichen oder am folgenden Arbeitstag melde. Daraus geht klar hervor, dass der Absender nicht innerhalb von wenigen Minuten eine Antwort erhalten kann. In der Regel wird er das (hoffentlich) auch verstehen.

Eine E-Mail, die ich vor einigen Tagen an einen Dienstleister verschickte, wurde mit einem Autoresponder beantwortet, dass man sich „umgehend“ um mein Anliegen kümmere. Auf diese Weise wird beim Gegenüber eine entsprechende Erwartungshaltung erzeugt. Wird diese Erwartungshaltung nicht erfüllt, entsteht (auf der einen oder der anderen Seite) zwangsläufig Verärgerung und Stress.

Das schnelle E-Mail-Lesen von unterwegs

Bedeutet eine E-Mail, die unterwegs auf meinem Smartphone erhalte und lese, für mich zwangsläufig Stress? Ist es nicht meine eigene Entscheidung, ob ich die E-Mail einfach zur Kenntnis nehme und entscheide, diese dann später in Ruhe zu beantworten, wenn ich wieder im Büro bin. Bis dahin ist mir dann sicherlich auch die passende Antwort eingefallen. Und: Wenn es eine kritische E-Mail ist – die ersten Emotionen sind verflogen und die Antwort fällt etwas sachlicher aus als wenn ich sofort zurückgeschrieben hätte.

Für mich also eine eindeutige Erleichtern, da ich bereits von unterwegs planen kann, was mich bei meiner Rückkehr im Büro erwartet.

Soziale Medien für noch mehr Stress?

Zu den beschriebenen Kommunikationsmedien kommen nun noch die Social Media-Kanäle, wie XING, Facebook oder Twitter, über die ebenfalls Informationen oder gezielte Anfragen auf uns einströmen.

Meine Meinung:

Die Belastung durch die moderne Kommunikation ist nicht größer geworden. Sie hat nur eine ganz andere Dynamik bekommen als die Kommunikation früher. Und es ist unsere Entscheidung, wie wir mit dieser Dynamik umgehen. Sind wir dazu in der Lage, macht die Kommunikation mit modernen Medien richtig Spass. Sind wir dies nicht, entsteht Stress.

Ihre Meinung? Schreiben Sie mir unten im Kommentarfeld. 

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