Hubert Baumann / Daumen nach unten / sprachlos

Corona-Soforthilfe und andere Förderprogramme – eine gut gemeinte Absicht, die in der Umsetzung verpufft

Das ist nicht neu – das war schon vor der aktuellen Corona-Krise so: Es werden von Regierungen und öffentlichen Stellen Mittel zur Verfügung gestellt, oftmals in Millardenhöhe. Diese Mittel können in der Regel über die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) über die Hausbank in Form von Krediten abgerufen werden. In vielen Fällen wird die Hausbank jedoch eine Kreditvergabe ablehnen. Der Grund: Die den Bank auferlegte Regeln (Basel III) stellen sehr hohe Anforderungen an die Kreditprüfungen bei einer Kreditvergabe, die gerade die Unternehmen, die die Kredite dringend nötig hätten, gar nicht erfüllen können.

Auch die derzeit in Aussicht gestellten Soforthilfen verpuffen im Keim.

Lädt man sich beispielsweise von der Corona-Soforthilfe-Seite des Bayerischen Wirtschaftsministeriums den Förderantrag herunter, so findet man im Antrag ganz am Ende unter Punkt 8.10. folgende Formulierung:

„Ich erkläre, dass der durch die Corona-Krise verursachte Liquiditätsengpass nicht mit Hilfe von Entschädigungsleistungen, Steuerstundungen, sonstigen Eigenmitteln oder Liquiditätsmaßnahmen ausgeglichen werden kann.“

Bereits weit vorher (in Punkt 7.2.) ist definiert, dass Liquiditätsengpässe, die bereits vor dem 11. März 2020 entstanden sind, natürlich NICHT förderfähig sind. Punkt 8.11. ergänzt, dass alle Informationen an Eides Statt und nach bestem Wissen und Gewissen abgegeben werden.

Bereits am Tag nach dem Landtagsbeschluss über die Fördermittel verkündet Bayerns Wirtschaftminister auf seiner Facebook-Seite, dass allein im Bezirk Oberbayern bereits 32.000 Anträge vorlagen. Das verwundert mich. Wie konnten die Antragsteller in dieser kurzen Zeit reagieren? Allein die Postlaufzeit für das Schreiben, in dem mir das Finanzamt eine Steuerstundung bestätigt, dauert in der Regel schon mehrere Tage.

Diese Regeln sagen im Klartext, dass eine Förderung nur dann gewährt wird, wenn keine anderen Möglichkeiten und auch keine Eigenmittel mehr vorhanden sind und diese Notlage auch erst nach dem 11. März mit Corona entstanden ist. Damit kommen für eine Förderung nur Unternehmen mit sehr hohen Fixkosten in Frage, die innerhalb kürzester Zeit sämtliche verfügbaren Eigenmittel und Rücklagen haben.

Somit wird auch klar: Die Förderungen werden nicht nach dem Gießkannenprinzip über Bayerns Unternehmen ausgeschüttet, sondern es kommen nur diejenigen zum Zuge, die es wirklich dringend nötig haben. Wie dies im Schnellverfahren im Rahmen einer „Soforthilfe“ geprüft werden kann, bleibt aktuell offen.

In diesem aktuellen Beitrag „Die Milliarden-Rettung, die keiner bekommt“ im Fachmagazin „SchuhMarkt“ erläutert der Geschäftsführer einer großen Onlineplattform die Problematik und bestätigt meine Ausführungen.

Eine weitere Möglichkeit der Förderung sind die sog. ESF-Fördertöpfe. Hier bietet die Europäische Union Mittel zur Unterstützung Klein- und Mittelständischer Betriebe. Ich mache um diese Mittel mittlerweile einen großen Bogen. Ich hatte vor einigen Jahren einen Kunden aus dem IT-Umfeld, den ich im Rahmen eines Change-Prozesses in Sachen Unternehmensstrategie und Außenauftritt beraten habe. Zu dieser Beratung gehörte natürlich auch, einen Blick auf die Webseite des Unternehmens zu werfen und die ein oder anderen Änderung zu empfehlen. Im konkreten Fall war das die Verschlankung der Navigationsstruktur und die Ergänzung einer Teamseite.

Mein Fehler war, dass ich den Begriff „Webseite“ in meinem Abschlussbericht in einem Nebensatz erwähnt habe. Der Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, dass die Erstellung und Programmierung von Webseiten nicht förderbar sei. In meinem anschließenden Einspruch erläuterte man mir zusätzlich, dass man mir nicht abnimmt, dass ICH für ein IT-Unternehmen eine Webseite erstellt hätte. Schließlich könne das ein IT-Unternehmen ja selbst. Das Unternehmen war jedoch auf die Programmierung von Apps für Produktionsstraßen spezialisiert und hatte von Web-Programmierung und Design etwa genau so viel Ahnung wie ich vom Mäusemelken.

Ergänzend erläuterte man mir noch, dass ich gegen diese Entscheidung natürlich Einspruch einlege könne, sämtliche damit verbundenen Kosten und Aufwendungen aber von mir zu tragen seien. Dies hätte im Ergebnis wahrscheinlich mehr gekostet als die Förderung, die ich für das Unternehmen beantragt hatte und so stellte ich die Aktion an dieser Stelle ein.

Mein Fazit: Ich betrachte diese Förderprogramme – ganz egal wie sie heißen – stets mit großer Skepsis. Ich lese die Regeln kritisch durch und lege sie dann meist unauffällig zur Seite. Natürlich weise ich meine Kunden darauf hin, dass es diese Programme gibt. Kümmern muss sich der Kunde allerdings ausschließlich selbst. Denn ER ist derjenige, der von der Förderung profitiert – oder auch nicht.

Auf diese Weise werden Milliarden von Geldern bereit gestellt, mit der guten Absicht, den Unternehmen etwas Gutes zu tun. Am Ende wundern sich die Verantwortlichen, dass die Fördergelder nicht abgerufen werden.

Es wäre auch zu schön gewesen, wenn nach dem Gieskannenprinzip nun alle Unternehmen erst mal eine Finanzspritze beantragen könnten.

Unternehmen sollten aus meiner Sicht dennoch ihre Anträge stellen, was möglich ist, auch mit der Gefahr dass es abgelehnt wird. Sie sollten die Anträge aber gewissenhaft ausfüllen und alle Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Wird der Antrag dann abgelehnt, ist die Ablehnung zumindest aktenkundig.

Liebe Unternehmer, Unternehmerinnen, Freiberufler etc.,

bitte verlasst Euch nicht auf die Unterstützung durch den Staat. Nicht zu Krisenzeiten und auch sonst nicht. Vertraut auf euch selbst, auf eure Stärke und auf eure Fähigkeiten. Nutzen Sie die aktuelle Flaute und denken Sie Ihre eigene Strategie neu! Bin ich auf dem richtigen Weg? Sind Korrekturen erforderlich? Sollte ich eingeschlagenen Weg sogar komplett verlassen und einen anderen Kurs einschlagen?

Unternehmen und Freiberuflicher, die ich unterstützen kann, aus eigener Kraft aus der Krise zu kommen, oder diese sogar als kreative Zwangspause sinnvoll zu nutzen, dürfen sich gerne bei mir melden. Meine Beratungen über Skype funktionieren komplett ansteckungsfrei.

Bis dahin wünsche ich Ihnen / Euch allen eine schöne Zeit. Und bleiben Sie gesund !