Schon seit Wochen wird in der Kaffeeküche und in den Raucherpausen über ihn geredet: Über den neuen Chef, der von der Zentrale angekündigt wurde, und der die Organisationseinheit neu gestalten soll. Wo kommt er her, was hat er gemacht, was wird sich bei uns ändern. Auf dem Bild am schwarzen Brett sieht er ja ganz nett aus.
Die Mitarbeiterbesprechung gleich am zweiten Tag bringt Klarheit:
Der Umsatz ist viel zu niedrig, die Kosten viel zu hoch. Und überhaupt muss sich hier einiges verändern, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wieso eigentlich? Hat nicht bisher alles ganz gut geklappt? O.k. – Neue Besen kehren gut. Nein – sie kehren nicht besser. Sie kehren einfach nur anders.
Widerstand ist vorprogrammiert.
Klar, ER ist der neue Chef. Und ER entscheidet ab sofort, was im Unternehmen zu passieren hat. Doch was viele nicht bedenken: In einem Unternehmen gibt es neben der klassischen Hierarchie, jener Hierarchie, die formell auf einem Organigramm steht, noch eine Reihe weiterer Hierarchien.
… sogenannte informelle Hierarchien.
Es handelt sich hierbei um gewachsene Strukturen, informelle Hierarchien, die aufgrund von Freundschaften und alten Seilschaften entstehen. Da kommt es schon mal vor,
… dass eine Führungskraft, die das Unternehmen bereits vor Jahren verlassen hat, noch immer regelmäßig von den Mitarbeitern um Rat gefragt wird, und damit heimlich deren Philosophie im Unternehmen weiterlebt.
… dass der Hausmeister, der überall im Haus herumkommt, und zu dem alle Mitarbeiter ein gutes Verhältnis haben und dem sie auch gerne ihr Leid klagen, plötzlich eine entscheidende Rolle in dieser informellen Hierarchie einnimmt.
Sie können nun tun was Sie wollen ….
Aber Sie können diese informelle Hierarchie nicht abschalten. Sie können nur lernen mit ihr zu leben und richtig mit ihr umzugehen.
Und in dieser informellen Hierarchie kommt der neue Chef zunächst gar nicht vor. Weder als Chef, noch in sonst irgendeiner Funktion. Vielleicht als Außenstehender, der gerne in diese Hierarchie aufgenommen werden möchte.
Gelingt ihm die Führung und die Motivation seiner Mannschaft aus dieser Abseitsposition heraus, kann ihm die Aufnahme in die Hierarchie als geschätzte Führungskraft – und damit die erfolgreiche Führung des Unternehmens und des Teams – gelingen.
Ansonsten bleibt er Chef …
„Nur“ Chef. Ein „Chef“ mit vielen „Untergebenen“, aber ohne Team.
Leider wird in Unternehmen häufig versucht, solche Situation per Dienstanweisung zu regeln. Doch auch eine Dienstanweisung wird eine gewachsene Struktur nicht außer Kraft setzen. Unzufriedenheit, Resignation und Kündigung sind häufig die Folge.
P.S.: Dieser Artikel passt auch sehr gut zur Blogparade von Heike Lorenz auf //www.das-unternehmerhandbuch.de/2013/09/05/blogparade-zur-sache-chef/
well, neue Besen kehren zwar gut, aber die alten kennen die Ecken … :-)
stimmt. :-)
Gut formulierter Text und auf den Punkt gebracht. Neue Besen kehren besser ist nicht wirklich so, sie kehren nur anders und manchmal schlechter als der alte!